Top-Team aus Thüringen lebt vom Kollektiv

17.02.2023 10:00 // hk

Tradition verpflichtet und lässt den ThSV Eisenach auf eine gute, große Zukunft hoffen: Der Zweitliga-Zweite gastiert am Sonntag (16 Uhr) bei den Eulen Ludwigshafen. Schiedsrichter der Partie sind Frederic Linker aus Recklinghausen und Sascha Schmidt aus Bochum. Sport Deutschland.TVüberträgt live. Reporter ist Karsten Knäuper. Der Experte an seiner Seite ist die Eulen-Ikone Thorsten Laubscher. Er kennt einen der Schlüsselspieler der Thüringer besonders gut: Jannis Schneibel, den aus Hochdorf stammenden Spielmacher des ThSV. Beim jüngsten 31:19-Heimsieg der Eisenacher gegen den TV Großwallstadt war der neunfache Torschütze Schneibel der Mann des Tages. „Er hat es gut gemacht, im Hinspiel in Eisenach haben wir ihn aber nicht so zur Entfaltung kommen lassen …“, sagt Eulen-Coach Michel Abt. Eisenach gewann an jenem Samstag dennoch 28:23 (16:15).

Gorpishin: Glück im Unglück

Eisenach hat als Tabellenzweiter 29:11 Punkte. Die Eulen, mit einem Spiel im Rückstand, sind nach zwei Niederlagen zum Jahresauftakt mit 24:14 Punkten Tabellensechster. Sergej Gorpishin, einer von drei Kreisläufern im Eulen-Kader, fällt wegen eines am Samstag in Minute 34 beim 27:34 in Balingen erlittenen Bänderrisses am linken Fuß auf unbestimmte Zeit aus. Gorpishin war zuletzt auch offensiv „gut drauf“, machte beim 30:35 in Dessau fünf von fünf, in Balingen traf er bei fünf Würfen viermal. „Ich hatte noch Glück im Unglück, drei Bänder sind gerissen, eins ganz, eins halb, eins angerissen. Aber zum Glück hat das Syndesmose Band gehalten, sonst wäre die Saison für mich vorbei gewesen“, schildert Gorpishin. „Ich kann noch keine Prognose abgeben, wann ich wieder spielen kann. Ich will aber alles dafür tun, der Mannschaft schnell wieder helfen zu können, unsere Ziele zu erreichen. Der Fuß ist erstmal ruhiggestellt worden, ich fange jetzt wieder an ihn zu bewegen und zu belasten“, erläutert der 25-Jährige. Er wird in der Praxis von Eulen-Physiotherapeut Christian Simon in Ludwigshafen behandelt und fühlt sich dort auch bestens aufgehoben. Gorpishin: „Sie geben sich alle viel Mühe.“ Einer der „Medizinmänner“ dort ist Michael Sahm. Der kann ausnahmsweise nicht helfen – Michael Sahm wurde am Meniskus operiert.

Vorfahrt für den Teamgedanken

Die Schlappe von Balingen haben Trainer Michel Abt und Co-Trainer Andrej Kogut in dieser Woche „mit einer außergewöhnlich langen Video-Analyse“ aufgearbeitet, sagt der Cheftrainer. „Wir müssen wieder klarer als Team auftreten“, fordert Abt den Fokus auf die gemeinsamen Ziele. Mit 13 technischen Fehlern stellten sich die Eulen beim Spitzenreiter in Balingen selbst ein Bein. „Wir müssen erfolgreiche Lösungen im Angriff finden, um nicht - wie in Balingen – Gegenstoßtreffer zu kassieren. Wir legen den Fokus auf unseren Angriff, um überhaupt ins Verteidigen zu kommen“, sagt Abt, der sich angesichts der 69 Gegentreffer in den letzten beiden Spielen auch in der Abwehr die ein oder andere Variante einfallen lassen will. „Eisenach funktioniert als Team. In Hangstein haben sie einen überragenden Spieler“, urteilt Abt, der seit Donnerstag auch Kreisläufer Max Haider im Training wieder auf der Platte weiß. Der Kapitän fehlte in Balingen ebenso verletzt wie Mittelmann Pascal Bührer, hinter dessen Mitwirken der Trainer noch ein Fragezeichen setzt.

Eisenach träumt - Fan-Bus nach Lu

In Eisenach herrscht Handball-Euphorie. Die Fans, der Verein, Trainer und Mannschaft dürfen vom Bundesliga-Aufstieg träumen. Am Sonntag rollt ein Fan-Bus nach Ludwigshafen. Die neue 4000 Zuschauer fassende Arena, die in einem Industriedenkmal des Eisenacher Automobilbaus entsteht, wo der erste BMW und dann der Wartburg gebaut wurden, wird aber erst 2025/26 fertig. „Gelingt der Aufstieg schon in diesem Jahr, werden wir gegenüber der Haupttribüne an der anderen Längsseite wieder eine kostspielige Zusatztribüne installieren und versuchen die anderen vielfachen Forderungen zu erfüllen“, erläutert Thomas Levknecht, der als Legende gefeierte Pressesprecher des ThSV. Seit der Schweizer Misha Kaufmann am 18. Oktober 2022 als Trainer die Nachfolge von Markus Murfuni angetreten hat, sind die Thüringer auf Höhenflug. Kaufmann führte den ThSV in der letzten Saison aus der Abstiegszone auf Platz 3. Jetzt klopfen die Eisenacher ans Tor zur Bundesliga. Im Kader des ThSV stehen auch der ehemalige Eulen-Halblinke Daniel Hideg (26), der 2020 nach Thüringen kam, und Rechtsaußen Willy Weihrauch (28), der 2013/14 als Leihgabe der Füchse Berlin in Ludwigshafen am Ball war.

Mittagessen bei Schneibels in Hochdorf

Den langzeitigen Ausfall des vom EHV Aue gekommenen Torhüters Erik Töpfer fangen die Eisenacher durch die Reaktivierung ihres Torwart-Trainers Stanislaw Gorobtschuk (34) auf. Am Donnerstag haben sie, um für den Notfall im Tor gewappnet zu sein, Sebastian Klein (21) vom SC DHfK Leipzig II mit Zweitspielrecht unter Vertrag genommen. Auf der Torhüterposition besteht aber Handlungsbedarf mit Blick auf die kommende Saison; denn Johannes Jepsen, die Nummer 1, 2021 von TuS N-Lübbecke gekommen, beendet im Sommer seine Karriere. Der 23-Jährige will und wird dann Medizin studieren. Jepsen, der beim jüngsten Heimsieg 16 Paraden hatte, ist mit 19 abgewehrten Siebenmetern der beste Siebenmeter-„Killer“ der Liga. Bester Siebenmeterschütze der Zweiten Bundesliga ist der Eisenacher Fynn Hangstein, der 63 von 77 Siebenmetern nutzte. Der letztjährige Zweitliga-Torschützenkönig rangiert in der aktuellen Torjägerliste mit 125 Treffern hinter Ihor Turchenko (HC Motor Zaporozhye), der 142/32 Tore auf dem Konto hat, und Tom Skroblien (TuS N-Lübbecke; 135/57) auf Platz drei. Mit 95 Treffern ist Jannis Schneibel (22) drittbester Feldtorschütze der Liga. Schneibels Eltern, in Hochdorf daheim, haben die am Spieltag anreisende Mannschaft aus Eisenach am Sonntag zum Mittagessen eingeladen. Jener Jannis Schneibel stand in der zweiten Mannschaft bei den Rhein-Neckar Löwen bis Ende 2020 unter den Fittichen des jetzigen Eulen-Trainers Michel Abt. Bitter für Eisenach, dass mit Torgarant Hangstein (22), der zum TuS N-Lübbecke wechselt, und Rechtsaußen Ante Tokic (29), der nach Österreich zu Alpla HC Hard abwandert, zwei weitere Asse von der Fahne gehen.

Spendenaktion für Erdbebenopfer

Beim Heimspiel gegen Eisenach ruft der „Eulen-Club 100“ zu einer Spendenaktion für die Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien auf. „Wir werden in der Halle wieder mit Spendenbüchsen unterwegs sein“, informiert Dieter Mayer, der Vorsitzende des Clubs. Der Reinerlös der Aktion soll in Sachspenden für Hilfe vor Ort umgemünzt werden.

Hier der Link zum Video-Interview mit Torhüter Žiga Urbič.

Fotos: sportfotoseisenach, Harry Reis, Christian Simon