Bisher war das 1-Euro-Spiel immer ein gutes Omen für die Eulen, denn die drei vorangegangenen Auflagen wurden allesamt gewonnen, aber der TBV Lemgo unterstrich in der ausverkauften Eberthölle eindrucksvoll, warum er die Mannschaft der Stunde ist und 2020 noch kein Spiel verloren hat.
Die 2.350 in Rot gekleidete Zuschauer bekamen von Beginn an ein munteres Handballspiel zu sehen, denn in den ersten Minuten ging es hin und her. Bevor die Gäste in der 2. Minute zum 0:1 trafen, konnten sich beide Torhüter mit je einer Parade auszeichnen. Den Ausgleich für die Eulen markierte der wieder stark aufspielende Pascal Durak mit seinem ersten von insgesamt neun Treffern. Bis zum 6:6 nach zehn Minuten konnte sich keine Mannschaft absetzen, dann aber legte der TBV einen Zwischenspurt ein und zog bis zur 20. Minute auf 6:12 davon. Lemgo war jetzt richtig drin im Spiel, stabiler in der Deckung, traf vorne teilweise sehenswert und zeigte, welche Qualität die Mannschaft von Florian Kehrmann auch im Angriffsspiel hat. Auch Dank des mittlerweile ins Tor gekommenen Martin Tomovski konnten die Eulen beim 8:12 in der 21. Minute den Abstand wieder auf vier Tore verkürzen. In der 23. Minute sieht Alexander Reimann nach einem Foul an Alex Falk und die Eulen spielten sogar in doppelter Überzahl, weil kurz vorher auch Guardiola für zwei Minuten auf die Bank musste, konnten diesen Vorteil aber nicht nutzen. Das Gegenteil war der Fall, denn Lemgo zog über 10:16 (25.) über 12:19 (28.) bis zur Pause auf 13:21 weg und legte damit schon den Grundstein für den späteren Sieg. Auch wenn noch 30 Minuten zu spielen waren, -8 Tore waren schon ein extrem schwerer Rucksack für die Mannschaft von Trainer Ben Matschke und 21 Gegentore in einer Halbzeit hatte es auch schon lange nicht mehr gegeben.
Aufgeben ist für die Eulen aber nie eine Option und so versuchten sie auch noch einmal alles und verkürzten den Abstand beim 22:26 in der 44. Minute auf nur noch vier Tore. Jetzt war auch die Halle wieder da und unterstütze die Spieler auf der Platte lautstark. Es war aber nur ein kurzes Aufbäumen, denn Lemgo zeigte sich unbeeindruckt, routiniert, abgeklärt und clever. Bezeichnend für dieses Spiel war der Treffer zum 22:27 in der 46. Minute. Als dem TBV nur noch ein Pass blieb, konnte Carlsbogard den Abwehrblock frech stehenlassen, um dann aus ungünstigem Winkel zu treffen. Die Eulen gaben sich immer noch nicht geschlagen, aber man hatte nie das Gefühl, dass dieses Spiel noch kippen könnte, auch wenn sie in der 54. Minute beim 24:28 ein weiteres Mal näher dran waren. In den entscheidenden Situationen blieb Lemgo aber abgeklärt, machte die Tore und ließ sich den Sieg nicht mehr nehmen. Den letzten Treffer des Abends zum 29:36 markierten dann auch die Gäste und es war bezeichnend für den Abend der Eulen, dass Freddy Stüber mit der letzten Aktion des Spiels nur die Latte traf.
Der Sieg des TBV war absolut verdient und geht auch in dieser Höhe in Ordnung, weil Lemgo in diesem Spiel eine Klasse besser war und eindrucksvoll unter Beweis stellte, warum die Mannschaft in diesem Jahr noch ungeschlagen ist und auch im dritten Aufeinandertreffen in dieser Saison gegen die Eulen als Sieger von der Platte ging. Teammanager Phillip Grimm sagte in der anschließenden Pressekonferenz: „Lemgo liegt uns einfach nicht.“
Die Eulen konnten, trotz guter Torhüterleistungen ihr Potential nicht abrufen und gerieten durch eine schlechte erste Halbzeit früh auf die Verliererstraße. Die Erwartungen im Umfeld waren vor dem Spiel groß, für die junge Eulen-Mannschaft zu groß, die vielleicht auch selbst zu viel wollte und sich damit zusätzlich unter Druck setzte. Eine Stärke der Eulen ist, dass sie Niederlagen schnell verarbeiten, sich neu motivieren und aufstellen und dann den Blick wieder nach vorne richten. Und dieser Blick geht nach Leipzig, denn da wartet schon am kommenden Sonntag die nächste schwere Auswärts-Aufgabe.
Aber auch an diesem Abend gab es schöne Momente, denn Kapitän Gunnar Dietrich, der (wie auch Kai Dippe) Geburtstag hatte, konnte mit seinen Toren Teammanager Philipp Grimm ein- und überholen und ist damit jetzt alleiniger Bundesliga-Torschützenkönig der Eulen.
Trotz der Niederlage gab es nach dem Spiel im Foyer der Eberthalle, vor allen Dingen bei den „kleinen und jüngeren“ Fans glückliche Gesichter, denn viele, die, aus welchen Gründen auch immer, nicht bei den Eulen-Heimspielen dabei sein können, nutzten die Möglichkeit des 1-Euro-Spiels zum ersten Besuch der Eberthölle. Reaktionen wie: „Ich war heute das erste Mal dabei und komme auf jeden Fall wieder“, oder „Trotz der Niederlage war das ein tolles Erlebnis wegen der super Stimmung“ geben den Verantwortlichen und Partnern, die dieses Spiel möglich machen, Recht mit dieser Idee, die mittlerweile fast schon fest zum Eulen-Kalender gehört. Auch wenn die Mannschaft das Spiel verloren hat, haben der Verein und alle, die dieses Event mit ihrer Unterstützung möglich gemacht haben, gewonnen und in einer Zeit, in der Ausgrenzung in der Öffentlichkeit ein großes Thema ist, gezeigt, was in einer großen Gemeinschaft möglich ist.
Stimmen zum Spiel:
Ben Matschke:
„Glückwunsch an den TBV und Florian Kehrmann zu einem absolut verdienten Sieg. Ich habe schon im Vorfeld gesagt, dass es wahrscheinlich der unglücklichste Zeitpunkt ist, um gegen Lemgo zu spielen, weil sie in diesem Jahr noch ungeschlagen sind und heute haben wir uns am Gegner die Zähne ausgebissen, der mit zwei guten Torhütern ruhig und abgeklärt gespielt hat. Eine Niederlage tut immer weh, aber diese heute erdet uns. Die Erwartungshaltung im Vorfeld war riesig, auch bei meiner Mannschaft und jeder Spieler wollte etwas Besonderes machen. Gefühlt hätten wir heute noch lange spielen können, aber Lemgo war die klar bessere Mannschaft. Aus so einer Niederlage nehme ich aber viel mit, denn heute sind in Stresssituationen Dinge passiert, die so nicht passieren dürfen. Was uns in den letzten Wochen und Monaten ausgezeichnet hat, hat heute nicht funktioniert. Ich möchte aber auch noch etwas zur Halle sagen, gerade wo z.B. im Fußball über Banner und Aktionen gesprochen wird. Es ist außergewöhnlich, wenn man so ein 1-Euro-Spiel macht und im Vorfeld nicht weiß, wer in die Eberthölle kommt. Es waren heute viele neue Zuschauer da, die das erste Mal dabei waren. Auch wenn wir immer hinten waren und gefühlt keine Chance hatten, habe ich einen tollen Support und eine super Unterstützung für meine Mannschaft erlebt. Dafür möchte ich mich einfach bedanken, denn das hebt die Atmosphäre im Handball und speziell in der Eberthölle von dem ab, was gerade in Fußballstadien passiert.“
Freddy Stüber:
„Das Spiel lässt sich ganz einfach beschreiben. Wir haben in der ersten Halbzeit ganz schlecht gedeckt und hatten, egal auf welcher Position, überhaupt keinen Zugriff. Wir gehen dann mit 13:21 in die Halbzeit und auch, wenn wir schon oft ein Comeback geschafft haben, war das einfach zu viel und zu der Steigerung, die wir hätten zeigen müssen, waren wir nicht in der Lage. Wir haben uns in der 2. Halbzeit zwar auf vier Tore ran gekämpft, aber Lemgo ist aktuell auf einem so guten Level und das war heute für uns einfach zu hoch.“